Baslerstab - Ausgabe Basel vom 25.9.2002, Seite 17, Basel extra
Werke behinderter Basler Künstler    
Basel – Hamburg, retour
Eine Hamburger Galerie stellt Bilder der Kreativwerkstatt aus. Die Bilder sind schon angekommen, die Künstler, die sie gemalt haben, folgen ihnen heute Mittwoch nach:

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Pressebericht
Publikation
Markus Buchser, Bruno Hofer, Franz Klonneck, Sebastian Kaeser und Tobias Eisenhut sind auf dem Weg nach Hamburg, um bei der Eröffnung ihrer ersten Ausstellung im Ausland dabei zu sein. Die Künstler sind behindert. Aber das ist Nebensache. «Sie profitieren nicht von einem Mitleidsbonus», betont Walter Buess, Leiter der Kreativwerkstatt des Bürgerspitals, in der die Künstler arbeiten. «Die Werke sind zwar in einem geschützten Rahmen entstanden. Aber sie werden ausgestellt, weil sie gut sind – und nicht, weil die Künstler behindert sind.

Gepflegte Fehler
Seit Jahren führt die Kreativwerkstatt Projekte und Workshops mit den «Fehlerpflegern» durch. Hinter dem Label «Fehlerpfleger» stehen die Basler Kunst- und Kulturschaffenden Simone Kurz und Markus Häberlin. Sie interessieren sich nicht für den therapeutischen Zweck des Malens und des künstlerischen Ausdrucks, wollen niemanden heilen. Sie sind fasziniert vom «einzigartigen, vielleicht eigenartigen kreativen Ausdruck» ihrer Partner, der Behinderten. Und diesen möchten sie als «Kulturbotschafter für Menschen mit einer Behinderung» einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. «Aus gesellschaftlicher Sicht mögen die Behinderten gewisse "Fehler" haben», so Häberlin. «Wir sehen diese aber als Qualitäten. Gerade dadurch, dass sie anders sind als die meisten Menschen, ist ihre Kunst tabufreier, frech und wild.»
Auch Häberlin will von einem «Behinderten-Bonus» nichts wissen: «Wer behindert ist, macht nicht automatisch spannende Kunst.» Die «Fehlerpfleger» und Walter Buess, die selber aus der Kunstszene stammen und wissen, was Qualität ist, haben die Werke der behinderten Künstler nach denselben Kriterien beurteilt wie die Werke nicht-behinderter Künstler. «Wir reden ja viel von Gleichstellung und Integration», sagt Kreativwerkstatt-Leiter Buess. «Gerade darum dürfen Behinderung oder Anderssein kein Massstab sein, wenn es um die Beurteilung von künstlerischer Qualität geht.»

Vollkommen echt
Im letzten Jahr gingen die «Fehlerpfleger» mit den Behinderten im Rahmen eines Projekts auf «Geschäftsreise» nach Hamburg. Die Künstler sollten Selbstbewusstsein entwi-ckeln und Stolz sein auf ihr Schaffen.
Sie präsentierten ihre Arbeiten in der Galerie «Die Schlumper», die in Sachen Behinderten-Kunst schon seit den 80er-Jahren eine Institution ist. Die Basler überzeugten – trotz zum Teil erheblicher sprachlicher Schwierigkeiten. Für Walter Buess ist das ein Beweis für die Ausdruckskraft ihrer Werke. «Die behinderten Künstler schielen nicht nach dem Anderssein, was in der Kunstszene ja weit verbreitet ist. Und gerade darum sind ihre Werke vollkommen authentisch.»
Die Ausstellung «Basel–Hamburg, retour» ist bis 24. Oktober zu sehen in der Galerie «Die Schlumper» in Hamburg.
Ildiko Hunyadi

Baslerstab - Ausgabe Basel vom 25.9.2002, Seite 17, Basel extra
79. Jahrgang / Nr. 184
www.baslerstab.ch