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Steifer Hut und Sprengkommando
„GRENLICHTER“ / Ein neues Buch stellt Arbeiten der „behinderten“ Künstler aus der „Kreativwerkstatt“ des Bürgerspitals Basel vor. Das Buch „Grenzlichter“ ist vom Verlag der Christoph Merian Stiftung herausgegeben worden.

„Mein Eisen ist unter dem Hut“. Der attraktive, sportliche junge Mann, der ein Bein nachzieht, hat mit seinem Nachnamen herumgespielt, aber das ist den beiden Angesprochenen entgangen; Tobias Eisenhut ist der Fotograph im Team der „Kreativwerkstatt“ des Basler Bürgerspitals. Das zehnjährige Bestehen dieser Werkstatt mit „behinderten“ Künstlern und Kulturschaffenden feiert das Buch „Grenzlichter“ aus dem Basler Christoph Merian Verlag, das an dem Abend in einer Halle des „Gundeldinger Felds“ vorgestellt wird.
Hinten haben die ranken Managertypen in ihren Anzügen Aufstellung bezogen. In den Sitzreihen vor der improvisierten Bühne haben es sich die übrigen Gäste bequem gemacht, darunter Kinder, viele Pensionierte. Ein 82jähriger hat einen Uniformierten mit dem alten, „steifen“ Offiziershut im Blick. Die drei „Nudeln“ haben in der (untergegangenen alten) Schweizer Armee für den Grad des Obersten gestanden.
Jene Mischung aus Furcht und Respekt, den ihm solche Hüte zeitlebens eingeflösst haben, wird der Senior nie verwinden können. Aber Markus Held, der Mann, der die zusammengepuzzelte Uniform „darstellt“, spielt ja bloss damit, hält doch uns unsere eigene „verkehrte Welt“ vor.
Walter Buess war in seiner Wohngemeinde Ormalingen Geminderat, bevor er die „Kreativwerkstatt“ für Behinderte gründen half. Er und „fehlerpfleger“ Markus Häberlin, der die Werkstatt-Werke öffentlich präsentieren hilft (bz vom 4. September 2003) stellen die aktuelle Besetzung der Werkstatt vor. Buess, Häberlin und „fehlerpfleger“ Simone Kurz fungieren auch als Herausgeber des Buches.
Daniel Herzog (Direktor Bürgerspital) und Christian Felber (Direktor der Christoph Merian Stiftung) haben wohltuend kurze Ansprachen gehalten. Jetzt gilt es, per Hebel, eine Figurengruppe nach der anderen zu „sprengen“. Die verhüllten Porträts an Holz-Stängelchen geben, dank einem pyrotechnischen Eingriff, ihr „wahres Gesicht“ frei: Es sind die Künstler der Werkstatt.
Bei der letzte Gruppe muss Tobias Eisenhut mit dem Feuerzeug nachhelfen. Dann rauscht jene Kapsel, die letztes Jahr in den Ausstellungsraum der „Mitte“ geschebt kam, am Hebekran durch den Saal. Als sie erfolgreich gelandet ist, kullert eine Kiste heraus. Darin liegt – na? – das nun käufliche Buch.
Man schreitet zum Brezel-Buffet. Tobias Eisenhut, der schon in Hamburg ausgestellt hat, besieht sich die Buchfotos, sagt: „Konnte ich gemacht haben, das sieht perfekt aus.“

Von Urs Grether
in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 23.9.2004
www.bz-online.ch