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Kreativwerkstatt (Auszug)

Kreativwerkstatt ist die Bezeichnung einer im Organigramm des <Bürgerspital Basel> aufgeführten Werkstatt, die es seit 1993 gibt. Menschen mit einer Behinderung arbeiten hier auf Grund ihrer künstlerischen Neigungen und Fähigkeiten und vielleicht auch wegen ihren etwas besonderen Auffälligkeiten. Der kreative Produktionsbetrieb legt Wert auf ein spezielles sozialpädagogisches Bertreuungs- und Förderangebot.
Was machen wir, ist das Kunst, wer interessiert sich für uns? Die geografische Isolation an der Grenze zu Frankreich, die zum Teil hemmenden institutionellen Zwänge und die Tatsache, dass Menschen mit einer Behinderung immer Grenzgänger sein werden, liessen bei mir immer wieder Zweifel aufkommen, ob es uns je gelingen werde, Grenzen und Vorurteile aufweichen zu können.
Nach einer zufälligen Begegnung mit Simone Kurz und Markus Häberlin im Sommer 1996 entwickelten wir eine künstlerische Zusammenarbeit, die in zahlreiche <fehlerpfleger-Projekte> mündete. Diese entscheidenden Impulse brachten mich dem Ziel näher, das Selbstverständnis für diese einmalige Kunst zu etablieren und die Anerkennung der Künstler zu verbessern.
Wer die gesellschaftlich vorgegebenen Alltagsbedingungen von Menschen mit einer Behinderung kennt, kann sich vorstellen, dass zum Beispiel bereits die Erfüllung eines persönlichen Wunsches nicht selbstverständlich ist. <Wünsche wünschen> war das erste <andere> Projekt. Wir gingen der Frage nach, wer wo eine Tätigkeit unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen realisieren kann oder wie es sich anfühlt, andauernd in Abhängigkeiten leben zu müssen. <Wünsche wünschen> brachte beispielsweise Markus Held zu einer Fahrt auf einem Miniscooter seines Namensvetters Markus Held und Peter Leoni mit einer Sprengaktion auf die grüne Wiese. Alle Wünsche der Beteiligten wurden realisiert und dokumentiert. Nach Bruno Hofers Ausspruch in der <Cargo Bar>: «Hier ist es zu eng und zu knapp», wurden Gleichstellung und Mitbestimmung zur Norm erklärt. Was sich so banal anhört, wurde zum Erfolgsschlüssel in der Entwicklung der Künstler. Beim Werkgespräch im <Kaskadenkondensator> setzte sich Markus Held zum Erstaunen aller anwesenden Kunstinteressierten unversehens neben mich aufs Sofa und mischte sich mit höchster Kompetenz ins Frage-Antwort-Spiel. Die neue professionelle Ebene zeigte sich auch in der <Geschäftsreise> nach Hamburg, die das Ziel hatte, Kontakte herzustellen, Bilder zu zeigen und zu verkaufen.
Walter Buess