Preis werte Bilder
Warum wir finden, dass die künstlerischen Werke Behinderter einen Wert haben und diesen auch beziffern dürfen.

Auf die Frage, was denn nun Kunst sei und was nicht, gibt es keine allgemeingültige Antwort. Auch wir kennen sie nicht. Intensität, Stimmigkeit, Authentizität, Unverwechselbarkeit des persönlichen Stils und gestalterische Kompetenz sind einige Kriterien. Sie gelten gleichermassen für die Beurteilung der künstlerischen Leistung von Menschen mit und ohne Behinderung. Wir arbeiten mit einigen Behinderten, die wir ohne zu zögern als Künstler bezeichnen. Und die von manchen Kunstexperten bemängelte Unfähigkeit geistig Behinderter zur Selbstreflexion, ist unserer Meinung nach nicht das letzte Mass der Dinge. Manchmal, so munkelt man ja, wird der Mangel einer Art der Intelligenz mit einer anderen kompensiert.
Wer jedoch den Anspruch erhebt Kunst zu machen, verlässt einen Schutzraum, stellt sich dem Vergleich und einem Urteil, das manchmal kränkend sein kann. Hier sollten sich die Verantwortlichen also gut überlegen, unter welchem Vorzeichen sie die Werke auswählen, deklarieren und präsentieren. Denn gemessen an den oben aufgeführten Kriterien ist nicht alles, was in Malwerkstätten oder Workshops entsteht, Kunst (und muss es auch nicht sein).

Sind diese Punkte geklärt, gibt es keinen Grund, weshalb die Werke behinderter Künstler nicht selbstbewusst einen Preis tragen sollten, anstatt schamvoll als Gratis-Beigabe zu einer Spende über den Tisch zu gehen.
Wir denken sogar: Gerade wenn es um die Emanzipation und Integration von Menschen mit Behinderung geht dürfen die künstlerischen Arbeiten keinen Mitleidsbonus beanspruchen. Sie haben ihn nicht nötig!

Bruno Hofer, ein professioneller Basler Künstler mit Down-Syndrom wirft uns den Ausdruck "I schaff nit für’d chatz" als Hinweis darauf entgegen, dass er bitte schön erwartet, dass seine Bilder gezeigt werden und in Ausstellungen ihre Käufer finden. Während ihm die künstlerische Tätigkeit erlaubt sich auszudrücken, zu geben, erfüllt ihn die Tatsache, dass Nichtbehinderte bereit sind, Geld für seine Bilder auszugeben mit Stolz und Selbstbewusstsein.
Behinderte leben nicht ausserhalb der Gesellschaft. Sie wissen sehr wohl, dass die Brötchen wie auch die Schokolade etwas kosten, und sie spüren, dass der Preis in unserem Gesellschaftssystem oft als wichtiger Indikator für den Wert einer Sache angenommen wird. Gerade weil es in der Kunst an einer objektiven, allgemeingültigen Messlatte fehlt, gilt die Übereinkunft urteilsfähiger Betrachter, also auch die Bereitschaft der Käufer einen bestimmten Preis zu entrichten, als ein Indiz für die Wertigkeit.

erschienen im Jahresbericht des Wohnheim Laubiberg